Das Haus hat neue Farbe gekriegt, auch die Fensterläden. Die Handwerker sind fertig und ich frage, ob sie einen Kaffee trinken möchten. Volontiers, gerne. Wir plaudern ein bisschen und ein Handwerker merkt an meinem Akzent, dass ich kein Franzose bin. „Das ist wirklich toll, was Ihr Deutschen für die Muslime macht“, sagt er. Er meint die vielen Flüchtlinge, die in Deutschland Zuflucht gefunden haben. Er zeigt Respekt für die Hilfsbereitschaft seitens der Deutschen, spricht über das Leid der Syrer und wettert gegen Länder wie Saudi-Arabien, die sich so wenig engagieren würden in dieser Flüchtlingskrise. Wir nippen an unserem Kaffee. Er selbst hat tunesische Eltern, er schimpft gegen Daech, wie der IS in Frankreich genannt wird. Diese Terroristen würden Tunesien schaden, der Stabilität des Landes, dem Tourismus. Und mit dem muslimischen Glauben hätten sie rein gar nichts zu tun. Wie wahr. Dann muss er weiterarbeiten.
Kurze Zeit später treffe ich meinen französischen Nachbarn auf der Straße. Sein Hund geht mit ihm Gassi, denn das Tier ist meistens der dominierende Part von den beiden und hat in der Hundeschule vermutlich richtig schlechte Noten bekommen. Während der Hund hechelt, kommen wir ins Gespräch. Auch le Nachbar spricht mich auf die Flüchtlinge an. Er habe im Fernsehen gesehen, dass Deutschland die Flüchtlinge aufnehme, weil das Land ein demografisches Problem habe. Weil die deutsche Gesellschaft so alt sei. Und die Wirtschaft Arbeitskräfte brauche. Zwischen den Zeilen höre ich das, was man immer wieder in Frankreich hört: dass die Deutschen das aus rein egoistischen, berechnenden Gründen machen.
Ich erzähle ihm von Freunden in Deutschland, die sich ehrenamtlich engagieren, die in den Flüchtlingsheimen helfen, Deutschunterricht geben. Dass es für sie wie für viele Deutsche zunächst einmal ein Gebot der Menschlichkeit ist. Er schaut mich erstaunt an, als ob ich etwas erzähle, was völlig unwahrscheinlich klingt. Dann zieht der Hund ihn weiter, und das Herrchen lässt es geschehen.