Eine Einladung flattert ins Haus. Was mitbringen? Pralinen, eine Flasche Wein oder Champagner, Blumen? Blumen!
„C´est pour offrir?“, fragt meine Um-die-Ecke-Blumenhändlerin Amélie in St. Germain-en-Laye. Ja, zum Verschenken, nicht für mich selbst. Das war nicht nur eine Frage. Das ist ein kleiner Hinweis auf einem großen Unterschied in Blumenfragen.
In deutschen und in französischen Blumenläden bedeutet Einpacken nicht gleich Einpacken. Amélie wickelt die verschiedenfarbenen Anemonen in zwei Lagen Papier – in violettes und in hellgraues. Die Farben passen zu den Blumen, betonen sie. Oben bleibt der Strauß offen. Ein dicker Bastfaden hält an den Stielen alles gut zusammen. Genau in diesem Zustand werde ich am Abend den Strauß der Gastgeberin übergeben. Denn Blumen werden mit Geschenkpapier überreicht. „Wir sehen Blumen als Geschenk wie Schokolade, ein Buch oder eine Flasche Wein – und Geschenke übergibt man doch verpackt, nicht?“, sagt Amélie.
Anders in deutschen Landen. Dort packt der Florist die Blumen ein, damit sie geschützt sind – vor Wind, Kälte, Stößen. Das Papier ist meistens egal. Oft Billigpapier. Weiß. Giftgrün. Beißorange. Folie. Einmal halt drumherum. Zugeklebt mit Tesa, manchmal mit einer Nadel zusammengehalten. Der Blumenhändler denkt in den Kategorien: praktisch, sicher, polsternd. Seltener ästhetisch. Wir Deutsche überreichen die Blumen ja auch nicht mit Papier. Blumen übergibt man pur. Reine Natur. Sie brauchen für ihre Schönheit kein weiteres Beiwerk. Nichts Künstliches. Sie wirken alleine.
Marianne Devillers ist Floristin in Paris im 5. Arrondissement. Sie lobt zunächst das deutsche Blumenübergabeverhalten: „Dass Ihr Deutschen Blumensträuße ohne Papier übergebt, ist doch gut für die Umwelt“, sagt sie. Weniger Verpackungsmüll. Dann erklärt sie aber, warum die Umwelt in französischen Blumenläden nicht an allererster Stelle steht. Auch ihr ist der Geschenk-Aspekt wichtig. Die Verpackung ist für sie wichtiger Teil des Blumenpräsents: „Wir sind nicht nur Floristen, sondern auch ein wenig Künstler“, sagt sie. Das Papier zeige eine weitere kreative Seite des Floristen. „Und es ist auch ein Hinweis auf die Händlermarke, auf unsere Ladenidentität.“ Sie kennt zum Beispiel einen Blumenladen in Paris, der alle seine Blumensträuße immer in schwarzes Papier einpackt. „Sieht zwar edel aus – hat aber auch was von Trauer.“
Marianne Devillers hat die Kunst des Blumeneinpackens während ihrer Ausbildung bei einem Floristen gelernt. An der Wand in ihrem Laden hängen viele Schnüre in unterschiedlichen Farben. Auf dem Tisch neben ihr liegt ein Dutzend einfarbiger Papiere. Mal festere, mal dünne. Viele verschiedene Rottöne. Auch Seidenpapier. Rote Rosen würde sie zum Beispiel mit rotem und grauem Papier umwickeln. „C´est plus chic.“ Wenn sie es möchten, dürfen auch ihre Kunden die Papierfarbe wählen.
Blumen mit Papier zu übergeben, hat übrigens für den Schenkenden etwas sehr Praktisches. Wie oft stand ich schon vor deutschen Wohnungstüren, packte die Blumen aus und wusste nicht, wohin mit dem Ballen Einpackpapier. In Frankreich ist man das Problem los.