Zahlen können runterziehen, Zahlen können erfreuen. Die Franzosen, genervt und verunsichert von Arbeitslosenzahlen und Wirtschaftsbilanzen, sind stolz auf eine frische Statistik kultureller Art. Trotz Krise vermeldet sie einen schönen Rekord: Kunst ist in Mode. Es brummt in den großen Museen.
Ob in Paris, Lille, Montpellier: Die Besucherzahlen haben 2012 stark zugenommen. Der Louvre in Paris hat im vergangenen Jahr die Zehn-Millionen-Marke überschritten. Zur Edward-Hopper-Ausstellung im Grand Palais strömten bereits 500000 Menschen, für Dali schlängeln sich vor dem Centre Pompidou die Anstehschlangen um sich selbst – 7000 Leute pro Tag. Aber nicht nur die Pariser zieht es zu den Gemälden. Der neue Louvre-Ableger in Lens boomt ebenso wie die Pompidou-Außenstelle in Metz. In Montpellier stehen die Besucher an für Caravaggio im Musée Fabre.
Die einen warnen nun, Museen wie der Louvre müssten ihr Besucherkonzept völlig überdenken, um dem Ansturm der Massen in Zukunft gerecht werden zu können. (Vor fünf Jahren noch wollten nur halb so viele Leute das Lächeln der Mona Lisa sehen.) Andere geben zu, dass die Franzosen den Rekord ja nicht alleine geschafft hätten, sondern die vielen Touristen einen großen Anteil haben – mehr und mehr die Chinesen. Und viele klagen, dass ein Eintritt ohne Kartenvorbestellung im Internet kaum mehr möglich sei ohne Megawartezeit.
Egal. Was zählt, sind doch vor allem die Interpretationen einiger Kunstexperten. Die Museumsrekorde hätten mit einem Bedürfnis nach kulturellen Werten zu tun, sagen die. Laut einer Studie sei das bei Le Nachbar besonders ausgeprägt. Die Museen, eine französische Leidenschaft – und die Krise verstärke diese. Was tun, wenn es einem nicht so gut geht? Ab ins Museum. Pinselstrich statt Wirtschaftszahlen. Farbe statt grauer Zukunft. Das Museum als Zufluchtsort in Zeiten der Identitätssuche. Savoir vivre kann also auch heißen: Mal seufzen bei Hopper statt auf dem Arbeitsamt.