Paris-Tipp: Rauf aufs Dach

Wenn am Abend das Kaufhaus BHV im Marais-Viertel schließt, bildet sich am Hintereingang eine Schlange. Dann dürfen ihm nämlich die Pariser aufs Dach steigen. Der Aufzug saust in den 7. Stock, ein muffiger Kaufhausgang führt hinaus auf die Terrasse des „Le Perchoir“.

Das prächtige Hôtel de Ville und in der Ferne der Eiffelturm mit Laserstrahl

Eine Holzterrasse unter einem schützenden weißen Zeltdach, Olivenbäumchen, Holzhocker an niedrigen Tischen. Der Tresen ist mit Baumscheiben verkleidet, Lichterketten sorgen für angenehme Schummrigkeit. Wer in der kalten Jahreszeit den Plastikwindschutz zur Seite schiebt, der wird belohnt mit einem traumhaften Blick auf Paris.

Aliénor Bernardie hatte sich früh in der Schlange vor dem Kaufhaus angestellt und hat nun direkt am Rand der Terrasse einen Platz ergattert. Sie blickt auf das angestrahlte Rathaus, das Hôtel de Ville, in der Ferne leuchtet der Eiffelturm. Die 30-Jährige Pariserin ist mit ihrem Vater hier, weil sie ihm diese Aussicht zeigen will. „Wir Pariser lieben Rooftop-Bars“, sagt sie. „Wir steigen nicht auf den Eiffelturm, weil wir die Touristenecken meiden.“ Trotzdem sehne sie sich nach dem Blick von oben auf ihre Stadt. „Paris ist außerdem so eng, so dicht bebaut, und hier oben habe ich das Gefühl, dass ich Platz habe.“

Cocktails schlürfen über den Dächern der Stadt

„Le Perchoir“ hat auch auf einem Wohnhaus im Stadtteil Belleville und in den Sommermonaten auf dem Gebäude des Ostbahnhofs einen Ableger. Schöne Ausblicke, Beats vom DJ, Cocktails und das Gefühl, dem Pariser Himmel ein Stück näher zu sein: Das treibt die Franzosen auf die Dächer.

Auch einige Hotels laden ein nach oben – etwa das Terrass-Hotel auf dem Montmartre-Hügel. Einheimische und Hotelgäste teilen sich die Dachterrasse. Heizstrahler wärmen im Winter. „Ich freue mich jeden Tag über diesen Blick“, sagt der Kellner, „auch wenn er ein bisschen morbide ist.“ Denn wer nicht in die Ferne zum Eiffelturm blickt, sondern steil nach unten, der sieht direkt auf die Gräber des Friedhofs Montmartre, wo Berühmtheiten wie Heinrich Heine oder Jacques Offenbach bestattet sind.

Le Perchoir auf dem BHV im Marais, Mittwoch bis Samstag 20.15 bis 1.30 Uhr, im Sommer jeden Abend geöffnet, Eingang hinter dem BHV in der 37, rue de la Verrerie.

https://leperchoir.tv, Métro: Hôtel de Ville.

Dachterrasse des Terrass-Hotel, 12-14, Rue Joseph de Maistre, geöffnet ab 15.30 Uhr bis 1 Uhr. Das Personal an der Hotelrezeption zeigt Ihnen, wo der Aufzug nach oben in die 7. Etage ist. Es gibt dort auch ein Restaurant – dafür muss man aber reservieren.

http://www.terrass-hotel.com, Métro: Blanche, Abessess

Blick von oben auf die Gräber des Friedhofs Montmartre und auf den Eiffelturm – vom Terrass-Hotel

Paris-Tipp: Alltag nach dem Terror

Wer als Tourist in diesen Tagen durch Paris flaniert, der wird sich vielleicht wundern. Einerseits über die scheinbare Normalität in einer Stadt, in der mindestens bis Ende Mai noch der Ausnahmezustand gilt. Paris genießt die ersten Frühlingstage, die Terrassen sind voller Gäste. Und die Bars, welche die Terroristen am 13. November ins Visier nahmen, sind renoviert und gut besucht.

Andererseits spürt jeder die Folgen des Terrors im Alltag. Die Sicherheitsmaßnahmen kosten die Einheimischen und Touristen oft Zeit und Nerven. Nicht erst seit 2015. Denn die Pariser sind seit Jahren an den Sicherheitsplan gegen Terrorismus, den „Plan Vigipirate“, gewöhnt. Dazu kommt seit den Anschlägen auf die Redaktion des Satireblatts Charlie Hebdo im Januar 2015 noch die „Opération Sentinelle“ mit zahlreichen Soldaten und Polizisten in den Städten.

Touristen, die erstmals in Paris sind, wundern sich da manchmal. Worauf sollte man achten? Hier ein paar Tipps:

# An den Landesgrenzen gibt es verstärkt Kontrollen in den Zügen. Man muss deshalb gelegentlich mit leichten Verspätungen rechnen. Den Personalausweis sollte man immer dabei haben – auch beim Bummeln durch Paris. Auch auf der Autobahn kann es an der Grenze zu Kontrollen kommen.

Der Thalys im Pariser Bahnhof Gare du Nord

Der Thalys im Pariser Bahnhof Gare du Nord: Wer Gepäck dabei hat, muss eine Kontrolle wie am Flughafen über sich ergehen lassen.

# Hin und wieder passiert es in den Bahnhöfen bei einer Reise mit dem TGV, dass Ihr Ticket schon vor dem Einsteigen in den Zug am Bahnsteig kontrolliert wird. Seien Sie deswegen mindestens 20 Minuten vor Abfahrt des TGV am Bahnhof – das betrifft zur Zeit vor allem die TGVs ab der Gare de Lyon nach Marseille und Lyon. Dort wird seit April zudem von der Police Nationale gelegentlich das Gepäck vor dem Einstieg kontrolliert. Begleitpersonen dürfen dann nicht mehr bis zur Einstiegstür für das Abschiedsküsschen mitkommen. Fahrgäste, die mit dem Thalys von Paris nach Deutschland fahren und Gepäck dabei haben, müssen flughafenähnliche Sicherheitsschleusen passieren. Dafür sollten Sie sogar noch mehr Zeit einplanen, das Thalys-Personal an der Gare de Nord empfiehlt 30 Minuten. Wichtig: Wer mit der Bahn reist in Frankreich, muss sein Reisegepäck mit Adress-Anhänger versehen.

# Egal ob im Theater, Museum, Konzertsaal, in Kirchen oder bei Sehenswürdigkeiten: Beim Einlass schauen die Sicherheitsleute kurz in Handtaschen und Rucksäcke. Gibt es Schleusen, läuft das ab wie am Flughafen: Metallene Gegenstände (Smartphone, Geldbeutel, Schlüssel, teils auch Gürtel) müssen in die Wanne für den Scanner. Üblich bei den Sicherheitskontrollen an Eingängen ist inzwischen auch, dass man den Mantel öffnen muss (einige der Attentäter vom 13. November trugen Sprengstoffgürtel).

# Wohl kaum ein Franzose würde verstehen, wenn Sie sich wegen der Kontrollen an Eingängen aufregen würden. Man lebt damit, denn nach den jüngsten Ereignissen möchte man das Maximum an Sicherheit. (Auch wenn man weiß: Es geht wohl meistens eher um ein Sicherheitsgefühl, das vermittelt werden soll.) Sogar bei den großen Einkaufszentren wie Forum les Halles, La Défense und Beaugrenelle muss man bei den Eingängen die Handtasche kurz aufmachen. (Zwei der Attentärer vom November hatten vor, auch in La Défense einen Anschlag zu verüben.) Selbst vor internationalen Institutionen oder Sprachschulen wie der Alliance Française ist eine Kontrolle am Eingang üblich.

Kleine Veränderungen im Alltag: Vor dem Eingang des Tourismusbüros an der Gare de Lyon wird verlang, aus Sicherheitsgründen nach und nach einzutreten.

Kleine Veränderungen im Alltag: Vor dem Eingang des Tourismusbüros an der Gare de Lyon wird verlangt, aus Sicherheitsgründen nach und nach einzutreten.

# Lassen Sie nie eine Tasche, Tüte oder einen Rucksack irgendwo unbeaufsichtigt stehen – vor allem nicht in der Métro und in der RER. Auch nicht für kurze Zeit. Tagtäglich müssen Sie damit rechnen, dass es Verzögerungen, Zugausfälle und Streckensperrungen gibt bei Métro- und RER-Linien, weil herrenlose, verdächtige Gegenstände („colis suspects“) gefunden werden und dann zur Sicherheit unschädlich gemacht werden müssen. Allein auf der Strecke der RER A wurden 2015 täglich im Durchschnitt fünf colis suspects gemeldet – das waren doppelt so viele wie 2014.

# In Museen, Theatern oder bei Kulturveranstaltungen läuft wegen des Plan Vigipirate manches anders ab als früher. Deswegen: Es lohnt sich, vor dem Besuch auf die Website zu schauen. Beispiel: Eigentlich ist der Eintritt ins Fotografie-Museum Maison Européenne de la Photographie jeden Mittwochabend gratis. Aber weil es dadurch meistens zu einer langen Schlange auf dem Gehsteig kam, was man in diesen Zeiten vermeiden will, hat man dieses Gratis-Angebot gestrichen. (Trotzdem gibt es oft eine lange Schlange…) Manchmal sind auch zusätzliche Zweit-Eingänge zu Museen, Veranstaltungssälen oder auch Parks (wie dem Jardin du Luxembourg oder in Versailles) wegen des Plan Vigipirate derzeit geschlossen.

# Vor jüdischen Schulen und Kindergärten wie auch Synagogen sind Soldaten stationiert. Man sollte mit dem Auto nicht direkt vor den Eingängen dieser Einrichtungen anhalten, um zum Beispiel jemanden aussteigen zu lassen.

Wo viele Touristen, dort auch Soldaten: Abendstimmung mit Militär auf dem Vorplatz von Sacré Coeur.

Wo viele Touristen, dort auch Soldaten: Abendstimmung mit Militär auf dem Vorplatz von Sacré Coeur.

# Große Gepäckstücke, Koffer und Rucksäcke darf man wegen des Plan Vigipirate weder mit ins Museum, Theater oder in einen Konzertsaal nehmen, noch kann man sie wie früher an der Garderobe abgeben. Im Louvre zum Beispiel sind nur Taschen erlaubt, die höchstens die Maße 55 x 35 x 20 Zentimeter haben, sie müssen dann an der Garderobe abgegeben werden. Kleinere Umhängetaschen sind kein Problem. Wenn Sie also nach dem Auschecken aus dem Hotel noch Zeit für ein Museum haben, lassen Sie das Gepäck am besten noch in Ihrem Hotel an der Rezeption zurück.

# Schwer bewaffnete Soldaten und Polizisten gehören längst zum Stadtbild, gerade bei den beliebten Sehenswürdigkeiten. In Paris und in der Region Ile-de-France patrouillieren täglich 4000 bis 7000 Soldaten – der Einsatz trägt seit den Anschlägen vom Januar 2015 den Namen „Opération Sentinelle“. Passieren neue Anschläge wie kürzlich in Brüssel, wird die Zahl der Soldaten um mehrere hundert erhöht. Wenn Gruppen von Soldaten – etwa in der Métro oder RER – unterwegs sind: Sie mögen es manchmal gar nicht, direkt fotografiert zu werden und können sehr forsch reagieren.

Siehe auch: http://www.zeit.de/entdecken/reisen/2016-04/paris-tourismus-terror-sicherheit-alltag

 

Paris-Tipp: Mal Höhenangst, mal Heiratsantrag

Für Menschen aus aller Welt geht ein Traum in Erfüllung, wenn sie den Eiffelturm besteigen. Aber wie ist es, wenn man täglich auf dieser Top-Sehenswürdigkeit arbeitet? Wilhelm Dubelloy stammt aus Mantes-la-Jolie westlich von Paris, hat eine deutsche Mutter und einen belgischen Vater, und arbeitet als Aufzugsführer und am Einlass des Turms.

Sie arbeiten seit 30 Jahren auf einem Sehnsuchtsort vieler Menschen. Ist das inzwischen für Sie eine ganz normale Aufzugskabine oder immer noch ein außergewöhnlicher Arbeitsort?

Zwischen Himmel und Paris: Willhelm Dubelloy im Eiffelturm-Aufzug

Warnt vor Taschendieben: Wilhelm Dubelloy im Eiffelturm-Aufzug, seinem täglichen Arbeitsplatz.

Wie bei jeder Arbeit wird auch die auf dem Eiffelturm mit der Zeit zur Gewohnheit. Aber trotzdem weiß ich, dass ich Glück habe, auf diesem einzigartigen Monument mein Geld zu verdienen. Egal, in welches Land man geht: Wenn man von Frankreich spricht, kommen die Leute gleich auf Paris und den Eiffelturm. Der Eiffelturm ist das Aushängeschild Frankreichs. Er ist einfach etwas Besonderes: seine Struktur, sein Alter, seine Geschichte. Er zieht einen an. Wenn ich ihn betrachte, denke ich: Wie kann es sein, dass er sich so gut erhalten hat? Weil er gut instand gehalten wird, weil viele Menschen für ihn arbeiten.

Bleibt Ihnen überhaupt noch Zeit, während Ihrer Arbeit den Ausblick zu genießen?

Hier ist viel Bewegung und Gedränge, da muss ich aufmerksam auf die Leute schauen. In verschiedenen Sprachen gebe ich Hinweise. Ich mag den Kontakt zu den Leuten. Wir haben hier einen melting pot von Menschen aus aller Welt, aus allen Religionen und Kulturen. Ich bitte die Touristen mit Rucksäcken, sie abzunehmen. Nicht nur, weil es andere Leute oft stört, sondern weil Taschendiebe dann leichtes Spiel haben. Aber mir bleibt immer wieder etwas Zeit, um auf das Pariser Häusermeer hinunter zu schauen. Paris von oben, das ist großartig. Mit den Jahreszeiten ändert sich die Stadt. Den Herbst mag ich am liebsten, wenn die Bäume rund um den Eiffelturm bunt werden, die Sonne scheint und das Laub fällt.

Was fragen die Touristen Sie häufig?

Wie viele Etagen es auf dem Turm gibt, wie die alten Hydraulikaufzüge funktionieren, ob es Pannen gibt. Manchmal stellen die Leute auch dumme Fragen: etwa wenn Leute auf der Spitze des Eiffelturms einsteigen und fragen, ob der Aufzug nach oben oder nach unten fährt. Aber ich kann das verstehen: Dieses außergewöhnliche Bauwerk bringt einen schon ein wenig durcheinander.

Jeder Tourist überlegt, wann wohl der beste Zeitpunkt ist, um den Eiffelturm zu besuchen. Was raten Sie?

Tipp Nummer 1: Wenn kann, der sollte die Treppe nehmen!

Eiffelturm intensiv: Wenn kann, der sollte die Treppe nehmen.

Kommen Sie früh am Morgen. Allerdings hängt das sehr von der Jahreszeit ab. Im Sommer sollte man schon eine Stunde vor der Öffnungszeit da sein, in der kälteren Jahreszeit reicht auch eine halbe Stunde. Aber auch zu den anderen Zeiten können Sie Glück oder Pech haben, das hängt stark vom Wetter ab. Wenn es regnet, sind die Schlangen nicht so lang. Samstags ist meistens sehr viel los. Im Winter, wenn keine Ferien sind, ist es immer ruhiger. Früher waren der November und der Januar immer recht ruhige Monate. Aber auch das ist vorbei. Rechnen Sie einfach immer mit einer langen Schlange.

Sollte man nicht eher abends hochsteigen? Man kann ja im Sommer sogar noch um Mitternacht hoch.

Eiffelturm am Tag oder am Abend – das sind zwei sehr verschiedene Erlebnisse. Wenn ich Tourist wäre, würde ich zweimal hochsteigen. Tagsüber haben Sie einen tollen Blick auf die Stadt. Abends sehen Sie das beleuchtete Paris und den beleuchteten Eiffelturm, dessen 20 000 Lichter zur vollen Stunde fünf Minuten lang glitzern. Abends geht es den Leuten natürlich oft um romantische Gefühle, da sehe ich viele verliebte Paare im Aufzug: Manche wollen den Sonnenuntergang erleben, sich auf dem Turm verloben oder sich sogar einen Heiratsantrag machen. Andere wiederum wollen auf der Spitze an der Champagnerbar ein Glas miteinander trinken.

Haben Sie auch manchmal sehr unangenehme Leute im Aufzug?

Selten. Manche sind ein wenig betrunken.

Trotz der Enge und der Massen bleiben Sie und Ihre Kollegen sehr freundlich. Das ist sicher nicht immer einfach, oder?

Zwischen Stahlträgern und Seine - auf dem Weg nach oben.

Unten die Seine: Auf dem Weg nach oben lohnt sich auch der Blick zurück.

Das gehört sich so. Es gibt schließlich auch Leute, die Angst vor dem Aufzug haben. Oder die denken, dass sie oben Angst bekommen werden – Höhenangst etwa. Diese Menschen werden noch ängstlicher, wenn ich gestresst und unhöflich bin. Mein Job ist doch auch, ihnen ein sicheres Gefühl zu geben. Manche fragen mich, ob sie ganz allein im Aufzug hochfahren dürfen, weil sie Platzangst haben. Das ist leider nicht möglich bei den vielen Menschen, die wir hier transportieren.

Und wie ergeht es diesen Leuten oben?

Manchen Menschen ist es auf der Spitze tatsächlich mulmig oder sogar schwindelig, sie gehen nicht bis nach vorne an das Gitter, sondern halten sich eher ein wenig an der Turmwand fest. Aber wenn sie wieder runterfahren, sind sie alle sehr stolz, dass sie oben waren. Sie kommen vielleicht nur einmal im Leben hierher und wollen ihrer Familie sagen: Ich war dort, ich habe es getan, ich war oben. Ich sehe das den Leuten im Aufzug an: Vorher haben viele ein ernstes, bleiches Gesicht. Danach schauen sie zufrieden und entspannter. Viele finden übrigens die neuen Glasböden in der ersten und zweiten Etage, durch die man nach unten in die Tiefe sehen kann, unheimlicher als die Turmspitze.

Was kann man tun, um möglichst viel vom Turm mitzubekommen?

Die Glasböden: Blick in die Tiefe von der ersten Etage.

Die Glasböden: Blick in die Tiefe von der ersten Etage.

Wer kann, sollte ihn wirklich besteigen und die Treppe benutzen bis zu zweiten Etage. Oder mit dem Aufzug hochfahren, aber dann über die Treppe wieder hinuntergehen. Man sieht den Turm mit ganz anderen Augen. Man sieht die Leere, kann anhalten und in die Ferne schauen, sieht die filigrane Struktur, die vielen Nieten, die Architektur. Man kann sich Zeit nehmen, Fotos machen.

Ärgern sich die Leute, wenn die Turmspitze im Nebel steckt?

Wenn es oben neblig und die Sicht stark eingeschränkt ist, dann werden die Besucher unten über die Anzeigentafeln darauf hingewiesen. Manche wollen gerade deswegen nach oben, weil es ein besonderes Erlebnis ist, in einer Wolke zu sein. Andere haben eben nur an diesem Tag Zeit, den Turm zu besteigen.

Was wäre Paris ohne den Eiffelturm?

Paris ohne Eiffelturm wäre nicht Paris. Andersherum gilt dasselbe. Als Gustave Eiffel den Turm baute, fanden ihn viele Pariser schrecklich und haben ihn bekämpft. Wenn die Kritiker in ihren Gräbern wüssten, dass er immer noch da ist, würden sie ihre Meinung ändern. Der Eiffelturm ist einzigartig in der Welt. Zwar gibt es in vielen Ländern Kopien von ihm, aber wir haben den echten.

(Das Interview stammt aus dem Fettnäpfchenführer Paris, dort gibt es auch weitere Tipps für den Besuch und Fakten zum Eiffelturm.)

Am Ende ganz oben im Himmel über Paris.

Am Ende ganz oben im Himmel über Paris.

Paris-Tipp: Wie die Pariser ticken

Liebe Leserinnen und Leser von Le Nachbar,

keine Sorge, eigentlich ist dieses Blog eine werbefreie Zone. Aber ausnahmsweise möchte ich auf meinen gerade erschienenen Reiseführer hinweisen: Er heißt „Fettnäpfchenführer Paris – Ein Reiseknigge für die Stadt unterm Eiffelturm“ und erscheint im Conbook Verlag, der unter anderem für seine Fettnäpfchenführer-Reihe bekannt ist.

FNF Paris 300DPI RGBWer als Tourist in Paris ist oder sogar dort lebt, der spürt immer wieder die unausgesprochenen Regeln der Franzosen sowie die geheimen Paris-Codes. Da fühlt man sich – zum Beispiel im Restaurant – oft recht schnell wie ein Außerirdischer.

Mein Reiseknigge soll helfen, mit der Stadt schneller warm zu werden. Er führt an Orte, zu denen die Pariser selbst gerne hingehen. Er gibt Tipps, wie man in dieser teuren Metropole sowohl Geld spart als auch Zeit – etwa bei den großen Sehenswürdigkeiten wie dem Louvre. Wie ticken die Pariser? Wo relaxen sie? Wie verhalte ich mich in der Métro? Wie benutze ich ein Vélib-Rad, ohne viel dafür bezahlen zu müssen?

Ein Liftboy des Eiffelturms gibt Tipps für die Besteigung dieses Sehnsuchtsorts. Ich erzähle Geschichten über die Pariser Friedhöfe, die Streetart in der Stadt, das Büroviertel La Défense, über ruhigere, dörfliche Ecken – aber auch über das Pariser Hochhaustrauma und die Paris-Krankheit vieler Japaner.

Warum lieben die Pariser Flohmärkte? Wo kann man picknicken, wo Boule spielen, wo sind Clubs mit Freiluftterrassen? Warum hat Paris an Silvester keinen Knall? Und wo kann man während der Modewochen die Modeszene mitkriegen, obwohl man als Normalsterblicher nie eine Karte für eine Schau bekommt?

Da Essengehen in Frankreich die perfekte Möglichkeit ist, in zahlreiche Fettnäpfchen zu treten, geht es in zwei Kapiteln ausführlich über die Regeln im Restaurant und die Tücken der Speisekarte. Studenten finden in dem Buch zudem Ratschläge für ein Auslandsstudium in Paris. Und ein früheres Au-pair-Mädchen erzählt, auf was man als angehendes Au-pair achten sollte.

Wer in Paris lebt und hin und wieder mit Heimweh kämpft: Für den gibt es ein eigenes Heimweh-Kapitel mit Adressen, wo man deutsche Bratwurst, deutsche Bundesliga und einen deutschen Biergarten findet.

Ein paar dieser Geschichten und Tipps kommen Ihnen vermutlich bekannt vor… Sie standen und stehen hier in gekürzter Fassung auf Le Nachbar.

Viel Spaß bei der Lektüre!

http://www.conbook-verlag.de/buecher/fettnaepfchenfuehrer-paris

Paris-Tipp: Im Winter nach Paris

EINS // AUF DEM EIS

Die Wolken reißen auf, die Sonne scheint mitten auf das Eis.  „Attention!“, ruft ein Franzose und gleitet knapp an seinem Nachbarn vorbei. Schüler mit Mützen und dicken Wollschals stehen auf Schlittschuhen an der Seitenwand und plauschen, bevor sie weiter ihre Runden drehen.

Auf dem Platz vor dem Hôtel de Ville, dem Pariser Rathaus, ist eine große Eislaufbahn aufgebaut. Am frühen Nachmittag sind noch nicht viele hier. Anfänger wackeln, versuchen, sich auf den Kufen zu halten. Liebespaare fahren Händchen haltend, aber das hält nur bis zur nächsten Kurve. Gleichzeitig rasen Profis an ihnen vorbei, die zeigen wollen, wer der Eis-König ist. Das Hôtel de Ville, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Stil der Neorenaissance erbaut, bietet ihnen für ihre Show die perfekte Kulisse.

Dahingleiten inmitten von Paris

Dahingleiten inmitten von Paris (Foto vom Januar 2013)

Manche stehen kaum auf dem Eis, da müssen sie wieder runter: „Bitte zum Ausgang gehen“, sagen Mitarbeiter. Eine schwere Maschine fährt auf das Eis, um die Bahn zu präparieren. Nach einer halben Stunde strömen alle wieder auf die Fläche – drehen ihre Kreise, schauen zu den Türmen der nahe gelegenenen Kathedrale Notre-Dame. Sie gleiten gedankenverloren dahin, während auf der Rue Rivoli die Autos ihren gewohnten Stau fabrizieren.

Fröstelfröstel. Irgendwann kriecht die Kälte die Beine hoch. Sehnsucht nach einer Tasse Tee und einem Stück Kuchen. Wie schön, dass auf der anderen Seite der Rue Rivoli das Marais-Viertel beginnt – eine beliebte Shoppinggegend voller Brasserien und Cafés. Während am Ende der Rue des Rosiers Falafelstände um die Hungrigen werben, versteckt sich in der Hausnummer 3 das Tagescafé „Le Loir dans la Théière“. Ein Schild im Fenster verbietet Laptops und Handys. Drinnen hängen Plakate von Galerien an den Wänden, auf Sofas und alten Stühlen sitzen die Gäste. Auf einem Schränkchen mit Marmorplatte warten Kuchen darauf, in Mündern zu verschwinden. „Was darf ich Ihnen bringen?“, fragt die Bedienung, während die blaue Stunde beginnt.

ZWEI // VOM REGENWALD IN DEN HIMMEL

Raureif am Morgen. Die Pariser joggen trotzdem. Schon am Vormittag ist der Jardin des Plantes im Südosten der Stadt voller sportlicher Großstädter. Aber man kann hier auch anders warm werden. Nämlich in den Gewächshäusern des Jardin.

Palmen ganz nah: Gewächshaus im Jardin des Plantes

Palmen ganz nah: Gewächshaus im Jardin des Plantes

Von draußen sieht man schon, wie die großen Bäume und Palmen ihre Blätter an die Scheiben und die Stahlkonstruktion drücken. Drinnen begrüßen einen Bananenstauden. Im ersten Gewächshaus ist es warm – und feucht. Dampfdüsen sorgen für Tropenklima. Ruhe inmitten der Großstadt, nur das Geräusch einiger auf die Blätter herabfallender Wassertropfen ist zu hören. Farne, Orchideen, ein kleines Bächle. „Den Winter überstehe ich nur, weil ich hier drin arbeiten kann“, sagt der Mitarbeiter des Gewächshauses und grinst.  Auch Wüstenpflanzen aus Südafrika, Mexiko oder der Sahara stehen in den Gewächshäusern.

Wieder draußen, will man sich noch von innen wärmen. Die Große Pariser Moschee ist gleich nebenan. Ein Glas süßer Tee und ein süßes orientalisches Stückchen kosten hier nicht die Welt. Die hohen Pflanzen aus dem Gewächshaus machten Lust auf Höhe. Auf Paris blicken? Im Winter bringt einen das Riesenrad an der Place de la Concorde in den Himmel. Mit der Métro ist man schnell dort. Langsam nimmt einen das Rad mit nach oben. Immer wieder bleibt es stehen, damit neue Leute einsteigen können. La Grande Roue besteht aus 400 Tonnen Stahl und ist 60 Meter hoch.

Blinkblink in der Nacht: La grande roue in Paris

Blinkblink in der Nacht: La grande roue in Paris

Grand Palais, Eiffelturm, Opéra Garnier, Nationalversammlung – Paris liegt einem zu Füßen. Unten kreist der Verkehr um den Obelisken auf der Place de la Concorde. In den Tuilerien reiten zwei Parkaufseher –  von hier oben sehen sie ganz klein aus. Vor einem liegen die Champs-Elysées und am Ende der Triumphbogen. Während sich auf der weihnachtsbeleuchteten Prachtallee die Massen auf dem Weihnachtmarkt drängen, schieben sich hier oben nur die Wolken vorbei. Wer nach oben schwebt, wenn es schon dunkel ist, sieht zur vollen Stunde für ein paar Minuten den Eiffelturm funkeln und glitzern.

Nach ein paar Runden hat einen die Erde wieder. Direkt nebenan, das Jeu de Paume. Ein Museum für Fotografie, Film- und Videokunst, das in diesen Tagen Photos und Zeichnungen von Erwin Blumenfeld (1897-1969) zeigt. Zu sehen sind Blumenfelds Modefotos, die einst die Titelbilder der Vogue zierten. Aufnahmen aus Berlin, New York und Paris. Seine Arbeiten für die Werbung. Aber auch seine kritischen Fotomontagen, die er nach der Machtergreifung Hitlers gemacht hat.

Schon wieder Zeit, sich zu stärken. Nur wenige Meter weiter, in der noblen Rue Royale, glitzert die Weihnachtsbeleuchtung. Bei Ladurée in der Nähe der Place de la Madeleine weist einem die Bedienung den Platz zu. Weicher Teppich unter den Füßen. Macarons-Liebhaber sind hier richtig. Die runden, bunten Doppeldeckerkekse zergehen einem auf der Zunge. Und draußen, auf der Rue Royale, schmelzen ein paar erste Schneeflocken.

DREI // NEUJAHR IM FEBRUAR

Rein in die Métrolinie 14. Kein Zugführer, nirgends. Die Züge der 14 werden ferngesteuert. Wer es schafft, in dem langen Zug ganz vorne am Fenster zu sitzen, kann hineinschauen in den dunklen Tunnel. Unheimlich und aufregend. Eine Touristin nimmt die ganze Fahrt durch den Bauch von Paris mit dem Handy auf.

Die 14 rauscht schnell durch die Stadt in den Südosten von Paris. Endstation Olympiades. Willkommen im größten asiatischen Viertel Frankreichs. Chinatown. Ein Block voller Hochhäuser. Vor 30 Jahren wurden sie errichtet, um jungen französischen Familien Wohnungen zu bieten. Doch die wollten da nicht einziehen. Stattdessen kamen viele Asiaten – Flüchtlinge aus den Kriegsländern Vietnam, Laos und Kambodscha.

Es ist ein Sonntag Anfang Februar. Vorne an der Avenue d´Ivry stehen Tausende dicht gedrängt am Straßenrand und warten schon lange, dass der Umzug losgeht. Eltern kaufen ihren Kindern große bunte Luftballons mit der Aufschrift „Bonne année“. Paris feiert einen Monat nach Silvester noch einmal Neujahr – dieses Mal das chinesische.

Plötzlich knallt und knattert es eine halbe Minute lang – ein Paar schreit vor Schreck. Leute weichen zurück, halten sich schützend die Arme vors Gesicht: Eine Kette voller Knallfrösche geht in Rauch und roten Papierfetzen auf. Heute muss man darauf aufpassen, ob der nächste Baum mit Krachern garniert ist.

Paris? Paris!

Paris? Paris!

Chinesische Musik ertönt. Fahnen schmücken die Straßen und wünschen alles Gute fürs neue Jahr. Es geht los. Männer tragen rote Laternen vorbei. Knallrote Drachen rasen auf die Zuschauer zu, goldene Pappschlangen winden sich nach oben und unten. Jugendliche tragen rote Fische vorbei, andere haben weiße Pferde umgeschnallt und tragen farbenfrohe Umhänge. Die Zuschauer klatschen und jubeln. Es ist ein Fest für die Augen.

Endlos scheint dieser Zug der Farben, Vereine, schrillen Wesen. „Das ist unser großes Fest im 13. Arrondissement“, sagt Ly Pheng, der einen Laden mit Winkekatzen, Teeservice und asiatischem Krimskram in der Avenue de Choisy hat. 1975 kam er aus Kambodscha hierher. „Das ganze Viertel ist bei dem Umzug auf den Beinen.“ Wem plötzlich die Füße eiskalt werden, der kann sich in den „Supermarkt Asiens“ flüchten mit dem Namen Tang Frères. Eine andere Lebensmittelwelt: Vietnamesisches Nougat, Sprossen, Kräuter. Nem, Nudeln in allen Formen, asiatische Saucen. Man kann das Konservendosenratespiel machen – was ist da wohl drin? Litschies? Kokosmilch? Man ist in Paris. Und irgendwie auch nicht. Klar, dass jetzt der Magen zu knurren beginnt. Ein Blick durch die Fensterscheiben der vielen asiatischen Restaurants in Chinatown hilft bei der Auswahl: Sitzen dort viele Asiaten, wird man dort sicher sehr lecker essen können. Und billiger als  inmitten von Paris sowieso. Die Métro bringt einen wieder zurück an die Seine. An den Schuhen Konfetti und Kracherreste.

Nix Sesamstraße, sondern Avenue d´Ivry

Nix Sesamstraße, sondern Avenue d´Ivry

INFORMATIONEN UND ÖFFNUNGSZEITEN

Eislaufen vor dem Hôtel de Ville: 21. Dezember 2013 bis 2. März 2014, wochentags 12 bis 22 Uhr, am Wochenende und Feiertagen 9 bis 22 Uhr, gratis für Leute mit eigenen Schlittschuhen oder 5 Euro Leihgebühr. Handschuhe sind Pflicht. Weitere Eisbahnen im Dezember und Anfang Januar auf den Champs-Elysées und am Trocadéro.

Riesenrad Place de la Concorde bis 16. Februar 2014, 11 Uhr bis Mitternacht. Erwachsene 10 Euro, Kinder bis 12 Jahre 5 Euro.

Jahrmarkt mit Riesenrad unter der großen Kuppel im berühmten Grand Palais, 21. Dezember 2013 bis 5. Januar 2014. http://www.grandpalais.fr

Weihnachtsmärkte  zum Beispiel auf den Champs-Élysées und auf der Place du Trocadéro, beide bis 5. Januar.

Chinesisches Neujahrsfest: Termine der Umzüge (Anfang Februar) werden bald auf www.paris.fr und auf http://www.chine-informations.com veröffentlicht. Umzüge gibt es sowohl in Chinatown (13. Arrondissement), als auch im Marais (Rue du Temple,  Rue au Maire, Rue du Turbigo) sowie im Viertel Belleville.

Nachtrag am 16. Januar 2014: Die Termine für 2014 sind nun bekannt – siehe http://quefaire.paris.fr/programme/76484_nouvel_an_chinois_2014

Asien-Supermarkt Tang Frères, 44, avenue d´Ivry. Métro Tolbiac oder Porte d´Ivry.

Gewächshaus im Jardin des Plantes: Öffnungszeit im Winter von 10 bis 17 Uhr. Dienstags geschlossen. www.jardindesplantes.net. Métro Jussieu oder Place Monge.

Jeu de Paume, Ausstellung Erwin Blumenfeld, bis 26. Januar 2014. Montags geschlossen. http://www.jeudepaume.org

Paris-Tipp: Montmartre ersteigen

Wer Tourist ist, hat meistens ein Pflichtprogramm. In Paris gehören da wohl auch Montmartre und die Basilika Sacré-Cœur dazu. Schöner Blick auf die Stadt. Und auf viele viele Touristen, deren Pflichtprogramm nun mal dem eigenen ähnelt.

Man kann ihnen am Anfang ein wenig aus dem Weg gehen, indem man Montmartre von Norden aus ersteigt. Also nicht die Métro-Stationen Anvers oder Pigalle nehmen, von wo aus die Massen gerne hochpilgern. Auch nicht Abesses (wenngleich diese Métro-Station für den Start einer Montmartre-Tour auch toll ist, weil man an einem hübschen Platz herauskommt). Sondern die 12 weiterfahren bis Lamarck Caulaincourt. Man schleicht sich also an den Rummel von hinten ran.

Wenn man rauskommt aus der Métro eine 180-Grad-Wendung machen und die Treppe hochsteigen. Am Vormittag könnte man jetzt auf die Idee kommen, erst mal einen zweiten Kaffee zu trinken, bevor man die bevorstehenden weiteren Treppen erklimmt. Wenn schon Pflichtprogramm, dann doch keine Eile. Also Blick nach rechts, 50 Meter gehen, auf der rechten Seite kommt Au Rêve (Zum Traum), eine kleine, enge Café-Bar mit roter Lederbank, kurzem Holztresen und auffallenden Glaslampen (89, rue Caulaincourt). Hier kommt morgens schon mal die Nachbar-Omi rein und plauscht mit der Chefin übers Wetter. Im Eck sitzt die skandinavische Studentin und fährt ihren Laptop hoch.

Am Tresen vom Au Rêve

Am Tresen vom Au Rêve

(Übrigens: Wer die Rue Caulaincourt runtergeht und dann noch in die anschließende Rue Custine, entdeckt alles, was ein Tourist ab und zu braucht: mehrere Bäckereien, Brasserien, einen kleinen Supermarkt, einen Laden mit Obst, das Plätzchen Jean Gabin, wo in der Brasserie Le Gabin im Sommer die Leute mittags draußen unter Bäumen essen. Nicht weit entfernt eine andere Brasserie mit dem namen Hope Café, wo im Sommer Bierbänke und -tische vor der Tür stehen. Eine Straße also, in der man in der Mittagszeit sich besser verpflegen kann als in manch teuren, schlechten Restaurants direkt auf dem Montmartre. Sicher, der Straßenverkehr ist hier etwas lauter als in den kleinen, engen Montmartre-Gassen. Aber hier kann man vom Montmartre-Getümmel gut pausieren.)

Wer die Rue Caulaincourt entlang spaziert, sieht immer wieder Treppen hinaufführen auf die Butte, den etwa 100 Meter hohen Hügel, zu Sacré-Coeur. Und man kann sich überlegen: Welche soll die meine sein? Zum Beispiel die direkt gegenüber vom Rêve. Am Ende der Treppe ist die Place Dalida mit einer Büste der Sängerin. Wer nun durch die Gassen spaziert, wird einen sehr alten Weinberg, eine Windmühle, die Mauer der Ich-liebe-Dichs, die Place du Tertre, Sacré-Cœur und alles finden, was im Reiseführer steht. Die Rue des Abesses lädt ein, in die Schaufenster zu schauen oder einen Apéro zu trinken. Von der dortigen Bäckerei samt Café Coquelicot (Hausnummer 24) schwärmen gern die Deutschen, weil man allerlei Kuchen (und auch salzige Snacks) bekommt. In Frankreich, wo das Kaffeekränzchen am Nachmittag nicht gepflegt wird, ist manch einer froh, hier eine schöne Aprikosentarte oder einen Marmorkuchen zu erstehen und diesen dann im ersten Stock oder an den Tischen auf dem Gehsteig genießen zu können.

Bäckerei und Café: das Coquelicot

Bäckerei und Café: das Coquelicot

Ach ja, Vorsicht, in der Basilika Sacré-Coeur wird man von einem überstrengen Aufseher gleich streng ermahnt, wenn man seinen Arm um Frau oder Freundin (Mann oder Freund) legt. Man solle gefälligst die Würde dieses Ortes achten, tadelt er. Ganz bestimmt hat kein Gott etwas dagegen, wenn zwei Menschen in einer Kirche sich mal halten und herzen. Aber so eine Diskussion fängt man natürlich am besten nicht an, sonst bringt einen so ein strenger Kirchenwächter sicher gleich in die Hölle.

Direkt östlich von dem Park mit den Treppen unterhalb von Sacré-Cœur ist übrigens eine frühere Markthalle zu einem Museum (unter anderem für naive Malerei) umfunktioniert worden (Halle Saint Pierre in der Rue Ronsard). Auch dort ein Café, wo es oft ruhiger zugeht. Und eine spezialisierte  Buchhandlung. Gleich nebenan, an der Place St. Pierre, lohnt es sich, mal durch eines der Textilkaufhäuser zu streifen. Von Baumwolle über Seide, Knöpfe, Strass, Pailletten – Stoffe in Massen zu günstigen Preisen. Man fühlt sich wie in ein einer völlig anderen Kaufhauszeit.

In der Welt der 1000 Stoffe

In der Welt der 1000 Stoffe

Nicht weit entfernt das Café de la Commerce (13, rue de Clignancourt Ecke Rue Pierre Picard) – auch in diese Brasserie verirren sich nicht so viele Montmartre-Touristen. Neon-Lampen, großer Spiegel, rote Decke, Mobiliarsmischmasch mit Patina. Eher normales Pariser Leben. Mittagstisch, der keine drei Sterne bekommt, aber ehrlich ist. Und wer hier weiterschlendert Richtung Métrostation Barbès Rochechouart, der taucht ein in ein Viertel, in dem viele Immigranten wohnen und wo die Welt plötzlich wieder eine ganz andere ist.